Max Berg: Der letzte Herbst
Die Abschiedsworte
Der Herbst hatte seine Farben über das Land gelegt. Die Bäume trugen ein Kleid aus Rot, Gelb und Braun, und die Blätter raschelten im Wind. Anna und Paul spürten die Kälte in der Luft, die den nahenden Winter ankündigte. Sie wussten, dass dies ihr letzter Herbst zusammen sein würde. Die Zeit war gekommen, Abschied zu nehmen und die Erinnerungen an ihr gemeinsames Leben zu bewahren.
Der Tag begann wie jeder andere. Paul stand früh auf und bereitete das Frühstück vor. Die Sonne war gerade dabei, ihre ersten Strahlen über die Felder zu schicken. Anna lag noch im Bett und lauschte dem vertrauten Klang des Wassers, das aus dem Wasserkocher sprudelte. Sie wusste, dass jeder Moment kostbar war. Pauls Schritte auf dem Holzfußboden waren ihr vertraut, und sie fühlte eine Welle der Dankbarkeit für die vielen Jahre, die sie gemeinsam verbracht hatten. (1)
Anna und Paul hatten beschlossen, einen Spaziergang durch den Wald zu machen. Es war eine Tradition, die sie seit Jahren pflegten. Die Blätter unter ihren Füßen knirschten, und die frische Herbstluft füllte ihre Lungen. Anna erinnerte sich an die ersten Spaziergänge, die sie als junges Paar gemacht hatten. Die Jahre waren wie im Flug vergangen, und nun standen sie vor dem Ende ihres gemeinsamen Weges. Die Erinnerungen an die vergangenen Herbsttage überfluteten sie, und sie fühlte eine tiefe Verbundenheit mit Paul. (2)
Pauls Schritte wurden langsamer, und er hielt inne. Er blickte zu Anna hinüber und sah die Traurigkeit in ihren Augen. „Ich werde dich vermissen“, sagte er leise. Anna nickte und versuchte, die Tränen zurückzuhalten. Sie wusste, dass dies ihre letzten gemeinsamen Tage waren. Die Zeit drängte, und sie wollten jeden Augenblick auskosten. Sie setzten ihren Weg fort, die Hände fest ineinander verschlungen, als ob sie die Zeit aufhalten könnten. (3)
Die Sonne begann, sich hinter den Bäumen zu verstecken, und der Himmel färbte sich in warmen Orange- und Rottönen. Paul blieb stehen und zog ein altes Foto aus seiner Tasche. Es zeigte sie beide, jung und voller Leben, an einem Herbsttag vor vielen Jahren. „Erinnerst du dich?“, fragte er. Anna lächelte und nahm das Foto in die Hand. „Ja, das war unser erster Herbst zusammen“, antwortete sie. Die Erinnerungen waren wie ein sanfter Wind, der sie umgab und ihnen Trost spendete. (4)
Als die Dunkelheit hereinbrach, machten sie sich auf den Weg zurück nach Hause. Das Haus, das sie gemeinsam gebaut hatten, erschien ihnen plötzlich so groß und leer. Sie setzten sich auf die Veranda und blickten in die Nacht. „Es ist ein schöner letzter Herbst“, sagte Anna. Paul legte seinen Arm um sie und nickte. „Ja, das ist er“, antwortete er. Sie saßen schweigend da und lauschten dem Rauschen der Blätter, das wie eine Melodie ihrer gemeinsamen Jahre klang. (5)
Die Tage vergingen schneller als sie es sich gewünscht hätten. Der Herbst neigte sich dem Ende zu, und die ersten Schneeflocken fielen vom Himmel. Anna und Paul wussten, dass die Zeit gekommen war. Sie hatten alles vorbereitet, die Erinnerungen geordnet und die Abschiedsworte gesprochen. Es war ein sanfter Übergang, wie der Wechsel der Jahreszeiten. Sie fühlten sich bereit, den letzten Schritt zu gehen und die Ruhe zu finden, die sie suchten. (6)
Am Morgen des letzten Herbsttages standen sie Hand in Hand und blickten auf die schneebedeckten Felder. „Ich bin dankbar für jeden Tag mit dir“, sagte Paul. Anna lächelte und drückte seine Hand. „Und ich bin dankbar für dich“, antwortete sie. Die Zeit hielt einen Augenblick inne, bevor sie weiterfloss. Sie wussten, dass dies der Abschied war. Der letzte Herbst war gekommen, und sie waren bereit, ihn zu akzeptieren. Die Erinnerungen und die Liebe, die sie teilten, würden für immer bleiben. (7)