"Starke Masken, brüchige Seelen": Mentale Gesundheit bei Männern und Jungen – eine Auseinandersetzung am Beispiel von Aykut "Haftbefehl" Anhan

"Starke Masken, brüchige Seelen": Mentale Gesundheit bei Männern und Jungen – eine Auseinandersetzung am Beispiel von Aykut "Haftbefehl" Anhan

Zielsetzung:

Das übergeordnete Lernziel ist die kritische Auseinandersetzung mit traditionellen Männlichkeitsbildern und deren negativem Einfluss auf die mentale Gesundheit von Männern und Jungen. Anhand eines prominenten Fallbeispiels sollen die Lernenden die Kosten des emotionalen Schweigens erkennen und Strategien zur Hilfesuche und Prävention entwickeln.


Inhalte und Methoden: Das Arbeitsblatt nutzt die Netflix-Dokumentation über den Rapper Haftbefehl als Fallstudie, um die Zusammenhänge zwischen emotionaler Zurückhaltung, traumatischen Erlebnissen (Verlust des Vaters), Suchtverhalten und psychischer Krise zu beleuchten. Die Inhalte umfassen die Definition und Analyse toxischer Männlichkeit sowie gesellschaftliche Stigmata bezüglich mentaler Gesundheit. Die Lernenden sammeln zunächst Begriffe zu Rollenbildern ("Ein echter Mann muss...") und analysieren anschließend in Gruppenarbeit die Ursachen und Konsequenzen von Haftbefehls Krise. Ein fiktiver Blog-Eintrag dient zur Zuordnung von Ursache und Konsequenz (Leistungsdruck - Isolation). Abschließend werden in Multiple-Choice-Fragen typische Hürden bei der Hilfesuche diskutiert und die Lernenden verfassen einen motivierenden Brief an ein jüngeres Ich (kreatives Schreiben).


Kompetenzen:

  • Kritisches Denken: Analyse des gesellschaftlichen Phänomens "Toxische Männlichkeit" und dessen Auswirkungen
  • Empathie und Fallanalyse: Erkennen und Beschreiben der Verbindung zwischen Trauma, emotionaler Verdrängung und Sucht/psychischen Problemen
  • Strategieentwicklung: Identifizieren von Barrieren bei der Hilfesuche und Entwickeln von präventiven Handlungsalternativen
  • Kreatives und reflektiertes Schreiben: Verfassen eines ermutigenden Briefes an ein jüngeres Ich


Zielgruppe und Niveau:

Oberstufe


Hinweis: Das Arbeitsmaterial baut auf der Dokumentation auf. Es wird empfohlen diese vorher mit den Schüler:innen zu schauen. Für die Bearbeitung wird außerdem Zugang zum Internet benötigt.

HC
IF
JI
KL

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Target group and level

Oberstufe

Subjects

non-subject specific contentPsychologyPedagogyGerman

"Starke Masken, brüchige Seelen": Mentale Gesundheit bei Männern und Jungen – eine Auseinandersetzung am Beispiel von Aykut "Haftbefehl" Anhan

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Männlichkeit und Emotionen

Das Thema Männlichkeit und Emotionen wird in der heutigen Gesellschaft zunehmend kritisch betrachtet. Während traditionelle Rollenbilder von Männern oft Stärke, Unabhängigkeit und emotionale Zurückhaltung verlangen, zeigt die Netflix-Dokumentation über den Rapper Haftbefehl, wie komplex und verletzlich Männlichkeit tatsächlich sein kann. Besonders eindrücklich ist die Darstellung des frühen Verlusts seines Vaters, der Haftbefehls Leben und Selbstbild nachhaltig geprägt hat. Der Schmerz über diesen Verlust, verbunden mit fehlender emotionaler Unterstützung, führte zu innerer Leere und Orientierungslosigkeit, die schließlich in psychische Probleme und Drogensucht mündeten. Die Dokumentation macht deutlich, dass hinter der harten, selbstbewussten Fassade eines Straßenrappers tiefe emotionale Wunden und ungelöste Trauer stehen. Dadurch wirft sie ein Schlaglicht auf die Frage, wie gesellschaftliche Erwartungen an männliche Stärke oft verhindern, dass Männer offen über ihre Gefühle und seelische Gesundheit sprechen - mit teils zerstörerischen Folgen.

Arbeitsauftrag: Sammelt in Partnerarbeit spontane Begriffe, die ihr mit den Phrasen „Ein echter Mann muss…“ und „Gefühle zeigen ist…“ verbindet. Diskutiert anschließend im Plenum, welche dieser Zuschreibungen positiv oder negativ belegt sind und ob sie realistisch sind.

Ein echter Mann muss...

Gefühle zeigen ist...

Arbeitsauftrag: Lies den folgenden Text aufmerksam.

Familiäre Prägungen und deren Auswirkungen: Die Netflix-Doku über Haftbefehl

Die Netflix-Dokumentation „Babo – Die Haftbefehl-Story“ bietet einen tiefgreifenden Einblick in das Leben des bekannten Rappers Aykut Anhan, besser bekannt als Haftbefehl. Mit einer schonungslosen Ehrlichkeit thematisiert der Film, produziert von Elyas M'Barek, die Herausforderungen, denen der Musiker aufgrund seiner familiären Prägungen gegenüberstand. Die Dokumentation beleuchtet nicht nur seinen kometenhaften Aufstieg in der Rap-Szene, sondern auch die dunklen Schatten seiner Vergangenheit und deren Einfluss auf sein Leben.

Ein zentrales Thema der Dokumentation ist die familiäre Prägung durch seinen Vater, die Haftbefehls Leben maßgeblich beeinflusst hat. Der Film zeigt, wie der Suizid seines Vaters, der unter Depressionen litt und Verbindungen zur organisierten Kriminalität hatte, einen tiefen emotionalen Einschnitt in Haftbefehls Leben darstellte. Diese traumatischen Erlebnisse führten bei Haftbefehl zu einer tiefen inneren Zerrissenheit und einem dauerhaften Kampf mit Drogenabhängigkeit, die ihn beinahe das Leben gekostet hätten. Die Doku dokumentiert eindringlich Haftbefehls Absturz, beginnend mit einem schockierenden Auftritt in Mannheim, bei dem er unter Drogeneinfluss nicht mehr stehen konnte, und seinem anschließenden Weg ins Krankenhaus nach einer Überdosis.

Besonders eindrucksvoll sind die Einblicke in das Familienleben von Haftbefehl. Seine Ehefrau Nina Anhan berichtet von den erheblichen Belastungen, die die Drogensucht auf ihre Beziehung und das Familienleben ausübte. Sie macht deutlich, dass sie den Menschen Aykut liebt, aber die Kunstfigur Haftbefehl eine Gefahr darstellt. Die Bindung innerhalb der Familie litt stark unter den wiederholten Konflikten und Haftbefehls destruktivem Verhalten. Diese sehr persönliche Perspektive zeigt, wie familiäre Prägungen und die damit verbundenen Konflikte das Leben und die Beziehungen zu seinen Liebsten erheblich beeinflussten.

Der Dokumentarfilm zeigt auch, wie Haftbefehl letztlich Unterstützung durch seine Familie fand. Sein Bruder Cem spielte eine entscheidende Rolle, indem er Haftbefehl in eine geschlossene Suchtklinik einwies, was ihm schließlich half, von seiner Abhängigkeit loszukommen. Trotz der düsteren Themen vermittelt die Doku auch eine Botschaft der Hoffnung und der Möglichkeit der Heilung durch familiären Zusammenhalt und Hilfe von außen.

Zusammenfassend verdeutlicht die Netflix-Dokumentation über Haftbefehl eindrucksvoll, wie familiäre Prägungen das Leben eines Menschen beeinflussen können und welche Herausforderungen und Chancen dies für die betroffenen Familien mit sich bringt. Der Film ist nicht nur eine persönliche Geschichte von Kampf und Überleben, sondern auch ein gesellschaftlicher Appell, sich intensiver mit den Folgen von familiären Traumata auseinanderzusetzen und entsprechende Unterstützungsangebote zu fördern.

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Die Krise des Künstlers

Arbeitsauftrag: Beschreibe anhand des Textes vier zentrale Probleme, die Haftbefehl zu seiner mentalen Krise geführt haben (z. B. Leistungsdruck, Überforderung, Umgang mit Emotionen). Erläutere, wie sich diese Probleme in seinem Verhalten manifestiert haben (z. B. Rückzug, körperliche Symptome, Suchtverhalten).

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Toxische Männlichkeit und Stigma

Aufgabe: Recherchiere kurz die Definition des Begriffs „Toxische Männlichkeit“. Bildet anschließend 3er-4er-Gruppen. Diskutiert in der Gruppe: Inwiefern spiegeln Haftbefehls Erfahrungen die Muster toxischer Männlichkeit wider? Welche gesellschaftlichen Stigmata (Vorurteile/Scham) im Umgang mit mentaler Gesundheit bei Männern kannst du in der Doku identifizieren?

Definition "Toxische Männlichkeit"

Inwiefern spiegeln Haftbefehls Erfahrungen die Muster toxischer Männlichkeit wider?

Welche gesellschaftlichen Stigmata (Vorurteile/Scham) im Umgang mit mentaler Gesundheit bei Männern kannst du in der Doku identifizieren?

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Die Kosten des Schweigens

Arbeitsauftrag: Lies den vorliegenden fiktiven Text ("Marius' harter Weg"). Ordne die Ursachen (z. B. Leistungsdruck) den Konsequenzen (z. B. Isolation) im Text zu. Fülle dazu die folgende Tabelle aus und begründe kurz deine Wahl:

Fiktiver Blog-Eintrag: „Marius’ harter Weg – Wie ich lernte, dass stark sein nicht allein sein bedeutet“

Datum: 12. Oktober | Kategorie: Mental Health

Als Rapper habe ich immer das Bild des unbesiegbaren Kriegers verkörpert. Keine Schwäche, immer der Beste. Das war mein Credo - auf der Bühne, im Studio und privat. Jahrelang funktionierte das auch. Aber der Leistungsdruck wurde mit jedem erfolgreichen Album erdrückend. Jede Schlagzeile, jeder neue Deal, jede Erwartungshaltung meiner Fans und meines Teams fühlte sich an wie ein weiterer Stein auf meiner Brust.

Ich habe gelernt, Gefühle wegzudrücken. Wenn ich Wut oder Angst verspürte, habe ich sie in exzessivem Training oder langen Nächten im Studio kanalisiert. Reden? Unmöglich. Das hätte ich als Verrat am eigenen Image empfunden. Die Folge: Statt über meine Ängste zu sprechen, fing mein Körper an, für mich zu sprechen. Ich entwickelte schwere Schlafstörungen, wurde reizbar und zog mich immer mehr von meiner Frau und meinen Kindern zurück – das war die sichtbare Isolation.

Als ich dann einen wichtigen Gig wegen eines unerklärlichen Zusammenbruchs absagen musste, war das der Tiefpunkt. Es ging nicht mehr um Musik; es ging darum, überhaupt aufzustehen. In diesem Moment der absoluten Überforderung dämmerte mir, dass ich nicht gescheitert war, sondern krank. Mein Manager, der das Chaos miterlebte, drängte mich. Es war schwer, das Angebot anzunehmen. Es fühlte sich an, als würde ich offiziell meine Niederlage unterschreiben.

Doch der Gang zur Therapie und die Gespräche dort waren der Wendepunkt. Ich musste erkennen, dass die Kosten des Schweigens weit höher waren als die Angst vor dem Urteil anderer. Ich lerne immer noch, dass wahre Stärke darin liegt, die eigene Verletzlichkeit zuzulassen und die Hand auszustrecken, wenn man sie braucht.

Fülle die Tabelle aus.

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Hilfe annehmen und finden

Arbeitsauftrag: Diskutiere in deiner Gruppe die folgenden Situationen, die typische Hürden bei der Hilfesuche darstellen, und wähle die passendste Handlungsalternative aus. Begründe deine Entscheidung kurz schriftlich.

Suche die richtige Antwort aus.

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Der Brief an das jüngere Ich

Arbeitsauftrag: Verfasse aus der Perspektive eines Therapeuten / einer Therapeutin oder eines „gealterten/geheilten“ Haftbefehls einen kurzen, maximal 10-zeiligen Brief an sein 17-jähriges Ich. Ziel des Briefes ist es, zu ermutigen, über Gefühle zu sprechen und frühzeitig Hilfe anzunehmen. Nutze eine Metapher (z. B. „Deine Psyche ist kein Panzer, sondern ein Motor, der Pflege braucht“) als zentrale Botschaft. Sei gerne kreativ und tiefgründig!

Der Brief