Qualitative Pflegeforschung: Corbin-Strauss-Modell

Qualitative Pflegeforschung: Corbin-Strauss-Modell

Zielsetzung: Die Auszubildenden lernen das Corbin-Strauss-Modell zur Begleitung von Menschen mit chronischen Erkrankungen kennen. Sie erfassen die neun Phasen des Krankheitsverlaufs und setzen sich mit dem Konzept der Bewältigungsarbeit auseinander.

Inhalte und Methoden: Das Arbeitsblatt kombiniert einen Audio-Dialog mit Lückentext, Multiple-Choice-Fragen, Zuordnungsaufgaben und einem praxisnahen Fallbeispiel. Die Lernenden wenden ihr Wissen an, indem sie den Krankheitsverlauf einer Person analysieren und Ziele pflegerischer Unterstützung benennen.

Kompetenzen:

  • Theoretisches Verständnis des Trajektmodells nach Corbin & Strauss
  • Differenzierung von Krankheitsphasen und deren pflegerische Relevanz
  • Anwendung auf Fallbeispiele aus dem pflegerischen Alltag
  • Reflexion über Unterstützungs- und Bewältigungsstrategien in chronischen Krankheitsverläufen

Zielgruppe und Niveau: Berufsfachschule Pflege; geeignet ab dem 2. Ausbildungsjahr

BI
CL
DO
ES

52 other teachers use this template

Target group and level

Berufsfachschule Pflege; geeignet ab dem 2. Ausbildungsjahr

Subjects

Health and Social Care

Qualitative Pflegeforschung: Corbin-Strauss-Modell

Icon

Transkript

Hinweis: Dies ist das Transkript zum Dialog.

Pflegeschülerin: Guten Tag, Frau Dr. Weber! Vielen Dank, dass Sie sich heute Zeit für das Interview nehmen. Ich habe schon ein bisschen über das Corbin-Strauss-Modell gelesen, aber könnten Sie vielleicht kurz erklären, worum es da eigentlich genau geht?

Expertin: Sehr gerne, danke für die Einladung! Das Corbin-Strauss-Modell, auch als Trajektmodell bekannt, wird vor allem in der Pflege von Menschen mit chronischen Erkrankungen eingesetzt. Es fokussiert sich weniger auf die Krankheit selbst, sondern mehr darauf, wie die Betroffenen und ihre Angehörigen den Krankheitsverlauf bewältigen. Es geht um die individuellen Wege, wie Menschen ihre Krankheit erleben und damit umgehen.

Pflegeschülerin: Das klingt wirklich spannend. Und wie ist das Modell denn aufgebaut?

Expertin: Das Modell beschreibt den Verlauf einer chronischen Erkrankung als eine Art Kurve mit neun verschiedenen Phasen. Diese reichen von der Zeit vor dem Ausbruch der Krankheit bis hin zum Sterben. Jede Phase hat spezifische Merkmale und hilft uns, als Pflegende besser einzuschätzen, welche Unterstützung aktuell benötigt wird.

Pflegeschülerin: Könnten Sie die neun Phasen kurz aufzählen und erklären, woran man sie jeweils erkennt?

Expertin: Natürlich, ich versuche es knapp zu halten. Die erste Phase ist die Pretrajectory, also die Zeit vor der Erkrankung, in der Prävention eine Rolle spielt. Dann kommt der Trajectory onset, in dem die ersten Symptome auftreten, oft ohne genaue Diagnose. Die stabile Phase folgt, in der die Krankheit kontrollierbar ist und der Alltag relativ normal verläuft.

In der instabilen Phase verschlechtern sich die Symptome und der Alltag wird herausfordernder, ist aber meist noch zu Hause handhabbar. Die akute Phase ist oft mit Krankenhausaufenthalten verbunden, aufgrund ernsthafter Komplikationen. Die Crisis-Phase ist ein echter Notfall, manchmal sogar lebensbedrohlich.

Die Comeback-Phase beschreibt die Erholung und Rückkehr zu einem normalen Leben, trotz verbleibender Einschränkungen. Es folgt die Downward-Phase, in der sich der Zustand verschlechtert und die Kräfte nachlassen. Die letzte Phase ist das Dying, das Sterben, wobei der biografische Abschluss und ein friedlicher Tod im Vordergrund stehen.

Pflegeschülerin: Und worin besteht dann die sogenannte Bewältigungsarbeit?

Expertin: Gute Frage! Die Bewältigungsarbeit ist zentral im Corbin-Strauss-Modell und umfasst drei Bereiche: biografische Arbeit, also wie die Betroffenen die Krankheit in ihr Leben integrieren; krankheitsbezogene Arbeit, wie man mit Symptomen, Behandlungen oder Hilfsmitteln umgeht; und die Arbeit im Alltagsleben, etwa Anpassungen im Haushalt, Beruf oder Familie. Je nach Phase stehen unterschiedliche Aspekte im Vordergrund, wie schnelle medizinische Hilfe in der akuten Phase oder Krankheitsmanagement im Alltag in der stabilen Phase.

Pflegeschülerin: Das klingt nach viel Koordination. Wie kann ich als Pflegekraft dieses Modell im Alltag anwenden?

Expertin: Es ist tatsächlich eine Herausforderung. Wichtig ist, die aktuelle Phase des Patienten zu erkennen. Dann können wir gezielt unterstützen, etwa bei der Entwicklung von Bewältigungsstrategien oder durch Gespräche zur biografischen Arbeit. Die Zusammenarbeit mit Angehörigen und anderen Berufsgruppen ist entscheidend, um die verschiedenen Lebensbereiche im Gleichgewicht zu halten. Es kann auch hilfreich sein, rechtzeitig therapeutische oder seelsorgerische Hilfe zu vermitteln.

Pflegeschülerin: Gibt es ein konkretes Beispiel aus Ihrer Praxis, wie das Modell angewendet werden kann?

Expertin: Ja, gerne! Ich denke an einen Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz. Er war längere Zeit stabil und hat seinen Alltag gut gemeistert – das war die stabile Phase. Dann verschlechterte sich sein Zustand mit starker Atemnot, was einen Krankenhausaufenthalt nötig machte – die akute Phase. Nach der Behandlung erholte er sich langsam und ging in die Comeback-Phase, trotz einiger Einschränkungen.

Unsere Aufgabe war es, ihm und seiner Familie zu helfen, den Alltag neu zu organisieren, etwa durch Wohnungsanpassungen oder Einführung von Hilfsmitteln. Gleichzeitig haben wir viel über seine Ängste, Wünsche und seine Biografie gesprochen – das ist die biografische Arbeit. So konnten wir Strategien entwickeln, damit er sich trotz der Einschränkungen möglichst selbstbestimmt und zufrieden fühlt.

Pflegeschülerin: Das macht das Modell viel anschaulicher. Vielen Dank für die Erklärungen und das Beispiel! Ich glaube, ich habe jetzt ein besseres Verständnis für das Corbin-Strauss-Modell und wie es in der Pflege wirklich helfen kann.

Expertin: Sehr gerne, es freut mich, wenn ich zum besseren Verständnis beitragen konnte. Und falls noch Fragen auftauchen – einfach fragen!

Icon

Das Corbin-Strauss-Modell

Chronische Erkrankungen verlaufen oft nicht geradlinig, sondern in Phasen – mit Höhen, Tiefen und immer neuen Herausforderungen für Betroffene und Pflegende. Das Corbin-Strauss-Modell hilft Pflegefachpersonen, diese Krankheitsverläufe besser zu verstehen und gezielt zu begleiten. In diesem Arbeitsblatt lernen Sie die neun Phasen des Modells kennen und überlegen anhand eines Fallbeispiels, wie Sie Menschen mit chronischer Erkrankung professionell unterstützen können.


Beginnen Sie mit dem Hören des Dialogs und lernen Sie das Modell kennen.

--:--
--:--

Hören Sie den Dialog und füllen Sie die Lücken.

Wählen Sie die richtige Antwort.

Bringen Sie die neun Phasen des Krankheitsverlaufs in die richtige Reihenfolge.

Ordnen Sie die Merkmale der entsprechenden Phase zu.

Icon

Kennzeichen & Ziele der Bewältigungsarbeit

Beschäftigen Sie sich mit der Mindmap und beantworten Sie im Anschluss die Fragen.

Beantworten Sie die Fragen.

Icon

Krankheitsverlaufskurve in Anwendung

Lesen Sie sich das Fallbeispiel durch und beantworten Sie die Fragen. In welcher Phase befindet sich die Person? Welche Ziele der Bewältigungsarbeit sollen in der jeweiligen Phase verfolgt werden?

Fallbeispiel

Herr S., 62 Jahre, lebt seit drei Jahren mit der Diagnose chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD). Durch die regelmäßige Einnahme seiner Medikamente, tägliche Atemübungen und Unterstützung seiner Ehefrau gelingt es ihm, die Symptome weitgehend zu kontrollieren. Jeden Morgen macht Herr S. mit seinem Hund einen kurzen Spaziergang im Park. Anschließend bereitet er gemeinsam mit seiner Frau das Frühstück zu. Im Anschluss erledigt er kleine Hausarbeiten, liest Zeitung oder telefoniert mit seinen Enkeln. Obwohl er auf die Benutzung seines Inhalators angewiesen ist und bei körperlicher Belastung auf seine Grenzen achten muss, fühlt er sich im Alltag sicher und eigenständig. Die Pflegefachkraft besucht Herrn S. ein- bis zweimal pro Woche, kontrolliert den Gesundheitszustand, bespricht gemeinsam mit ihm die Medikamenteneinnahme und gibt Tipps zur Bewältigung des Alltags. Herr S. empfindet die Situation als stabil und genießt die gewohnten Tagesabläufe.