Rap & Lyrik
Zielsetzung: Die Schüler:innen lernen, lyrische Texte und Raptexte inhaltlich und formal zu analysieren. Sie setzen sich mit u. a. gesellschaftskritischen Themen auseinander und reflektieren Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen traditioneller Lyrik und zeitgenössischem Rap.
Inhalte und Methoden: Ausgehend von einem Einstieg mit zwei Videos („Fremd im eigenen Land“ von Advanced Chemistry und „An die Nachgeborenen“ von Brecht) vergleichen die Schüler:innen zunächst Wirkung und Inhalte. Im Anschluss analysieren sie einen Raptext und ein Gedicht hinsichtlich Aufbau, Sprache und lyrischem Ich. Eine „Wahr oder Falsch“-Übung sowie ein strukturierter Vergleich runden die Einheit ab.
Kompetenzen:
- Analyse lyrischer Texte und moderner Songtexte (Rap)
- Inhaltlicher und formaler Vergleich unterschiedlicher Textsorten
- Reflexion gesellschaftskritischer Inhalte
- Schulung von Textverständnis, Sprache und Medienkompetenz
Zielgruppe und Niveau: Weiterführende Schule ab Klasse 9/10
Hinweis: Das Arbeitsblatt stellt nur den Songtext und den Gedichttext zur Verfügung; die Vertonung(en) müssen noch herausgesucht werden.
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Weiterführende Schule ab Klasse 9/10
Subjects
Rap & Lyrik


Rap & Lyrik
Höre (und sieh) dir beide Videos aufmerksam an. Was fällt dir auf?
✒️ Nenne min. 3 Unterschiede und Gemeinsamkeiten, die dir nach dem Anschauen bzw. Anhören aufgefallen sind.

Lyrik oder Lyrics?
Beide Texte, die du eben gehört hast, äußern Kritik an der Gesellschaft. Aber: Sie tun das in sehr unterschiedlichen Formen.
Jetzt schauen wir anhand eines anderen Künstlers / einer anderen Künstlerin genauer hin: Wie ist ein Gedicht gebaut – und wie ein Raptext? Und wo gibt es vielleicht überraschende Ähnlichkeiten?
Wähle eine Plattform deiner Wahl und höre dir zunächst das folgende Lied an.
Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt
Interpret: Danger Dan
Verse 1
Also jetzt mal ganz spekulativ
Angenommen, ich schriebe mal ein Lied
In dessen Inhalt ich besänge, dass ich höchstpersönlich finde
Jürgen Elsässer sei Antisemit
Und im zweiten Teil der ersten Strophe dann
Würde ich zu Kubitschek den Bogen spann'n
Und damit meinte ich nicht nur die rhetorische Figur
Sondern das Sportgerät, das Pfeile schießen kann
Chorus
Juristisch wär die Grauzone erreicht
Doch vor Gericht machte ich es mir wieder leicht
Zeig mich an und ich öffne einen Sekt
Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt
Verse 2
Also jetzt mal ganz spekulativ
Ich nutze ganz bewusst lieber den Konjunktiv
Ich schriebe einen Text, der im Konflikt mit dem Gesetz
Behauptet, Gauland sei ein Reptiloid
Und angenommen, der Text gipfelte in ein'm
Aufruf, die Welt von den Faschisten zu befrei'n
Und sie zurück in ihre Löcher reinzuprügeln noch und nöcher
Anstatt ihnen Rosen auf den Weg zu streuen
Chorus
Juristisch wär die Grauzone erreicht
Doch vor Gericht machte ich es mir wieder leicht
Zeig mich an und ich öffne einen Sekt
Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt
Verse 3
Vielleicht habt ihr schon mal von Ken Jebsen gehört
Der sich über Zensur immer sehr laut beschwert
In einem Text von meiner Band dachte er, er wird erwähnt
Und beschimpft und hat uns vor Gericht gezerrt
Er war natürlich nicht im Recht und musste dann
Die Gerichtskosten und Anwältin bezahl'n
So ein lächerlicher Mann, hoffentlich zeigt er mich an
Was dann passieren würde?
Ich kann es euch sagen
Chorus
Juristisch wär die Grauzone erreicht
Doch vor Gericht machte ich es mir wieder leicht
Zeig mich an und ich öffne einen Sekt
Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt
Verse 4
Nein, ich wär nicht wirklich Danger Dan
Wenn ich nicht Lust hätte auf ein Experiment
Mal die Grenzen auszuloten, was erlaubt und was verboten ist
Und will euch meine Meinung hier erzähl'n
Jürgen Elsässer ist Antisemit
Kubitschek hat Glück, dass ich nicht Bogen schieß'
An Reptilienmenschen glaubt nur der, der wahnsinnig ist
Gauland wirkt auch eher wie ein Nationalsozialist
Faschisten hören niemals auf, Faschisten zu sein
Man diskutiert mit ihnen nicht, hat die Geschichte gezeigt
Und man vertraut auch nicht auf Staat und Polizeiapparat
Weil der Verfassungsschutz den NSU mitaufgebaut hat
Weil die Polizei doch selbst immer durchsetzt von Nazis war
Weil sie Oury Jalloh gefesselt und angezündet hab'n
Und wenn du friedlich gegen die Gewalt nicht ankommen kannst
Ist das letzte Mittel, das uns allen bleibt, Militanz
Chorus
Juristisch ist die Grauzone erreicht
Doch vor Gericht mach' ich es mir dann wieder leicht
Zeig mich an und ich öffne einen Sekt
Das ist alles von der, alles von der, alles von der, alles von der
Alles von der Kunstfreiheit gedeckt
Quelle: MusikGuru und Songtexte.com
✒️ Notiere hier deine ersten Eindrücke.

Arbeitsauftrag
Lies dir den Songtext durch und beantworte die Aufgabe.

Arbeitsauftrag
Lies deinem Sitznachbarn / deiner Sitznachbarin das Gedicht vor oder sucht eine Vertonung im Internet. Beantwortet gemeinsam oder alleine die darauffolgende Aufgabe.
Kracht der Topf in Scherben
Autor: Erich Mühsam
Kracht der Topf in Scherben,
fliegt er auf den Dung.
Menschlein, du mußt sterben,
bist du noch so jung.
Blumen müssen welken,
und die Kuh verreckt,
die wir heut noch melken,
daß der Eimer leckt.
Steine selbst zerfallen,
Länderspur verwischt.
Ton und Klang verhallen,
und das Licht erlischt.
Welten gehn in Stücke
ohne Rest und Spur.
Ewig lebt die Tücke,
lebt das Unheil nur.
Absolut. Hier ist eine detaillierte Analyse beider Texte, die deren Inhalte zusammenfasst und das gemeinsame übergeordnete Thema herausarbeitet.
Zusammenfassung der Inhalte
1. Danger Dan – "Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt"
Der Songtext ist eine provokante und strategisch aufgebaute Auseinandersetzung mit den Grenzen der Kunstfreiheit im politischen Kampf gegen die extreme Rechte. Danger Dan beginnt spekulativ im Konjunktiv ("Angenommen, ich schriebe…"), um schwere Vorwürfe und Drohungen gegen bekannte Persönlichkeiten der Neuen Rechten wie Jürgen Elsässer und Götz Kubitschek zu formulieren. Im weiteren Verlauf weitet er seine Kritik auf Alexander Gauland und staatliche Institutionen wie den Verfassungsschutz und die Polizei aus, denen er Versagen und eine Verstrickung in rechtsextreme Strukturen vorwirft (NSU-Komplex, Tod von Oury Jalloh). Der Song gipfelt in der vierten Strophe, in der der Konjunktiv aufgegeben wird und die Anschuldigungen als direkte Aussagen formuliert werden. Als Konsequenz aus der Unzuverlässigkeit des Staates und der Unmöglichkeit des Dialogs mit Faschisten wird Militanz als "letztes Mittel" des Widerstands legitimiert. Der Refrain dient als wiederkehrendes, selbstbewusstes Mantra, das die juristische Auseinandersetzung herausfordert und die Kunstfreiheit als Schutzschild beansprucht.
2. Erich Mühsam – "Kracht der Topf in Scherben"
Dieses Gedicht ist eine düstere und nihilistische Reflexion über die universelle Vergänglichkeit. Mühsam zeichnet ein Bild des unaufhaltsamen Verfalls, das bei alltäglichen Dingen beginnt (ein zerbrochener Topf, eine sterbende Kuh) und sich ins Kosmische steigert (zerfallende Steine, vergehende Länder, erlöschendes Licht, zerfallende Welten). Jede Strophe verstärkt das Gefühl, dass alles, was existiert – ob belebt oder unbelebt, klein oder groß – dem Untergang geweiht ist. Die Pointe des Gedichts liegt in den letzten beiden Zeilen, die diesem universellen Gesetz der Vergänglichkeit eine schockierende Ausnahme gegenüberstellen: Während alles Positive und Neutrale vergeht, sind "die Tücke" (Bosheit, Arglist) und "das Unheil" die einzigen ewig bestehenden Kräfte. Das Gedicht endet somit in einer tief pessimistischen Weltsicht, in der das Destruktive und Negative als einzige Konstante im Universum erscheint.
Analyse des gemeinsamen Themas
Auf den ersten Blick wirken die Texte sehr unterschiedlich – der eine ein moderner, politischer Agitprop-Song, der andere ein zeitloses, philosophisches Gedicht. Dennoch teilen sie ein tiefgreifendes gemeinsames Thema:
Das gemeinsame Thema ist die Auseinandersetzung mit der Beständigkeit des Negativen und Destruktiven.
Beide Texte gehen von der Diagnose aus, dass es eine hartnäckige, zerstörerische Kraft in der Welt gibt, die nicht einfach verschwindet. Sie unterscheiden sich jedoch fundamental in der Konsequenz, die sie aus dieser Erkenntnis ziehen.
Bei Erich Mühsam wird dieses Thema auf eine universelle, fast metaphysische Ebene gehoben. Das "Unheil" und die "Tücke" sind zeitlose, abstrakte Prinzipien. Sein Gedicht ist eine resignative Feststellung dieser Tatsache. Es beschreibt den Zustand der Welt mit einer fatalistischen Schwere und bietet keine Lösung oder Hoffnung. Die Haltung ist die einer Beobachtung des unaufhaltsamen Verfalls, bei dem nur das Böse überdauert.
Bei Danger Dan erhält dieses Thema eine konkrete, politische Gestalt. Das beständige Negative ist für ihn der Faschismus und die ihn ermöglichenden staatlichen Strukturen. Anders als Mühsam verharrt er jedoch nicht in der Resignation. Sein Text ist eine Kampfansage. Er erkennt die Hartnäckigkeit des Problems ("Faschisten hören niemals auf, Faschisten zu sein") und leitet daraus die Notwendigkeit eines ebenso hartnäckigen Widerstands ab. Wo Mühsams Gedicht in der Passivität endet, beginnt Danger Dans Song erst richtig: Er fordert die Konfrontation und proklamiert als letzte Konsequenz die Militanz.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Beide Texte diagnostizieren eine unzerstörbar scheinende negative Kraft in der Welt. Während Mühsams Gedicht diesen Zustand als ewiges, kosmisches Gesetz mit fatalistischer Trauer akzeptiert, identifiziert Danger Dans Song diese Kraft als ein konkretes politisches Problem (Faschismus) und beantwortet dessen Beständigkeit mit einem radikalen Aufruf zum aktiven Widerstand.

Vom "Was sagen sie?" zum "Wie sagen sie es?"
Nun hast du dich mit dem Inhalt des Raptexts und des Gedichts beschäftigt.
Wahr oder falsch? Betrachte die beiden Texte und löse die Aufgabe.
Analyse des Liedes "Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt" von Danger Dan
Lyrischer Sprecher:
Der lyrische Sprecher ist in diesem Fall Danger Dan selbst, der seine persönliche Meinung und Ansichten darstellt. Der Text ist in der Ich-Form verfasst, was durch die Verwendung der Personalpronomen "ich" und "meine" deutlich wird.
Sprachstil und Satzstruktur:
Danger Dan verwendet eine Mischung aus neutraler und zwangloser Sprache. Der Satzbau ist überwiegend parataktisch, mit einfachen und direkten Sätzen. Dies trägt zur Verständlichkeit bei und unterstreicht die direkte Ansprache des Publikums.
Wortwahl:
Der Text enthält eine Vielzahl von Substantiven und Verben, die zur Schilderung von Situationen und Meinungen beitragen. Der Einsatz von Jugendsprache und ironischen Formulierungen ist auffällig und verstärkt die provokative Natur des Textes. Fachwörter oder Wortneuschöpfungen sind nicht präsent.
Aufbau:
Das Lied besteht aus vier Strophen und einem wiederkehrenden Refrain, der die zentrale Aussage des Liedes betont: die Kunstfreiheit. Der Refrain dient als Kehrreim und wird nach jeder Strophe wiederholt.
Reimschema:
Das Lied folgt keinem festen Reimschema, sondern nutzt freie Rhythmen und Reime, die zur lockeren und teilweise kabarettistischen Form des Textes passen.
Metrum:
Das Metrum ist nicht durchgehend gleichmäßig, was dem Text eine gewisse Dynamik verleiht.
Stilmittel:
- Ironie: Der gesamte Text ist von einem ironischen Unterton geprägt, insbesondere durch die wiederholte Aussage, dass alles von der Kunstfreiheit gedeckt sei.
- Anapher: Wiederholung des Satzes "Juristisch wär die Grauzone erreicht".
- Hyperbel: Übertreibungen und provokante Aussagen sind Mittel, um Aufmerksamkeit zu erzeugen.
- Euphemismus: Das Öffnen eines Sekts nach einer Anzeige ist ein beschönigendes Bild.
- Vergleich: Es werden keine direkten Vergleichswörter verwendet, jedoch ist die Bildsprache oft metaphorisch.
- Metapher: Die "Grauzone" als Bild für juristische Unsicherheiten.
- Personifikation: Die Kunstfreiheit wird als schützendes Element personifiziert.
Analyse des Gedichtes "Kracht der Topf in Scherben" von Erich Mühsam
Lyrischer Sprecher:
Das Gedicht hat einen gestaltlosen Sprecher, der nicht explizit benannt wird. Der Sprecher reflektiert über die Vergänglichkeit und die trügerische Beständigkeit des Unheils.
Sprachstil und Satzstruktur:
Der Sprachstil ist eher formell und distanziert, mit einer kühlen Ausdrucksweise, die die Unvermeidlichkeit des Todes und der Zerstörung unterstreicht. Der Satzbau ist parataktisch, mit klaren, einfachen Sätzen.
Wortwahl:
Die Wortwahl ist geprägt von Substantiven und Verben, die den Zerfall und die Vergänglichkeit beschreiben. Fachwörter oder Wortneuschöpfungen sind nicht vorhanden.
Aufbau:
Das Gedicht besteht aus einer Strophe mit vier Versen, die einen eher traditionellen Aufbau haben, der auf die Vergänglichkeit hinweist.
Reimschema:
Das Gedicht verwendet den Paarreim (aabb), der die Aussage des Gedichts strukturell unterstützt.
Metrum:
Das Metrum ist regelmäßig und trägt zur rhythmischen Qualität des Gedichts bei.
Stilmittel:
- Metapher: Der Topf, der in Scherben kracht, ist eine Metapher für das Leben und seine Zerbrechlichkeit.
- Personifikation: Dinge wie Blumen und Steine werden als vergänglich dargestellt, als ob sie Leben besitzen.
- Antithese: Der Gegensatz zwischen "Menschlein, du musst sterben" und "bist du noch so jung" betont die Unausweichlichkeit des Todes.
- Alliteration: Gebrauch von gleichlautenden Anfangsbuchstaben, um den Klang zu verstärken.
- Symbol: Der Topf steht symbolisch für das Leben und seine Zerbrechlichkeit.
Beide Texte verwenden unterschiedliche stilistische Mittel, um ihre jeweiligen Themen zu vermitteln. Danger Dan setzt auf provokante und ironische Elemente, während Erich Mühsam den Fokus auf die Vergänglichkeit und die Unausweichlichkeit des Lebens legt.

Deine Stimme zählt!
Schreibe einen kurzen lyrischen Text (max. 8 Zeilen), der deine Sicht auf dieses (oder ein anderes) gesellschaftliche Thema ausdrückt.
Du darfst in Gedichtform oder Rapstil schreiben.
Überlege:
- Welches Thema bewegt dich?
- Welche sprachlichen Mittel willst du einsetzen?
- Welchen Ton willst du treffen?