Kollegiale Beratung
Zielsetzung: Die Auszubildenden lernen das Verfahren der kollegialen Beratung als strukturierte Reflexionsmethode im pflegerischen Berufsalltag kennen. Sie setzen sich mit Rollen, Ablaufphasen und methodischen Prinzipien auseinander und üben die Anwendung anhand eines Fallbeispiels aus der Praxis.
Inhalte und Methoden: Das Arbeitsblatt bietet Erklärungen zur kollegialen Beratung, Aufgaben zum Rollenverständnis, zum Ablauf in Phasen sowie zur Auswahl geeigneter Methoden. Ergänzt wird es durch ein realistisches Fallbeispiel aus dem Pflegealltag, das als Grundlage für eine Beratungsübung dient. Strukturhilfen und Reflexionsfragen fördern die praktische Anwendung und das Verständnis der Methode.
Kompetenzen:
- Reflexion pflegerischer Handlungssituationen im Team
- Anwendung von Beratungsstrukturen zur Fallbesprechung
- Rollenverständnis und Kommunikation im beruflichen Kontext
- Entwicklung professioneller Handlungsoptionen
Zielgruppe und Niveau: Berufsfachschule Pflege; geeignet ab dem 1./2. Ausbildungsjahr
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Target group and level
Berufsfachschule Pflege; geeignet ab dem 1./2. Ausbildungsjahr
Subjects
Kollegiale Beratung


Einführung in die kollegiale Beratung
In der Pflege gibt es oft Situationen, die schwierig oder unklar sind. Meist spricht man kurz darüber – zum Beispiel bei der Übergabe – und geht dann schnell weiter. Die kollegiale Beratung bietet Ihnen die Möglichkeit, solche Themen in Ruhe und mit einer klaren Struktur zu besprechen.
Dabei trifft sich eine feste Gruppe. Eine Person erzählt von einer konkreten Situation aus der Praxis. Die anderen hören zu, stellen Fragen und geben Ideen oder Ratschläge. Alle sind gleichberechtigt, und jede Meinung zählt.
Für Sie als Auszubildende heißt das: Sie lernen voneinander, finden gemeinsam Lösungen und üben, wertschätzend miteinander zu sprechen. Das stärkt nicht nur Ihre Fähigkeiten, sondern auch den Zusammenhalt im Team.
Machen Sie sich zu Beginn mit wichtigen Vokabeln der kollegialen Beratung sowie dessen Ablauf vertraut.
Machen Sie sich mit relevanten Begriffen rund um die kollegiale Beratung vertraut.
Bringen Sie den Ablauf der kollegialen Beratung (nach Tietze, 2003) in die richtige Reihenfolge.

Rollen in der kollegialen Beratung
Welche Rollen werden in der kollegialen Beratung verteilt und welche Aufgabe(n) übernimmt welche Rolle? Bearbeiten Sie beide Aufgaben.
Ordnen Sie den Rollen die passende Aufgabe zu.
Beschäftigen Sie sich nun näher mit den Aufgaben der einzelnen Rollen und beantworten Sie folgende Fragen.

Beispielmethoden (nach Tietze, 2003)
Hier finden Sie Beispielmethoden, um passend auf den Beratungswunsch des Fallerzählers / der Fallerzählerin einzugehen.
Welches Ziel und welche Kernfrage passt zu welcher Methode? Wählen Sie aus oder notieren Sie.

Antwortmöglichkeiten für die PDF-Version (Ziel & Kernfrage)
Ziele:
Empfehlungen für einen Lösungsweg sammeln
Lösungsideen sammeln
Ansätze suchen, die der Schlüsselfrage widersprechen
Bezug zu eigenen ähnlichen Erlebnissen herstellen
Kommentar zur Falldarstellung abgeben
Feedback in Bezug auf die Fallerzählung
Kernfragen:
Was würde ich dem/der Fallerzähler:in raten?
Welche Gedanken und Gefühle ruft die Fallerzählung bei mir hervor?
Welche Handlungen des/der Fallerzähler:in könnten die Situation weiter zuspitzen?
Was könnte man in dieser Situation alles tun?
Welche Situationen aus meiner Vergangenheit fallen mir zur Falldarstellung ein?
Was habe ich an Inhalt oder Art der Falldarstellung bemerkt?

Kollegiale Beratung: Beispiel
Lesen Sie die Situation, versetzen Sie sich in die Lage des Fallerzählers / der Fallerzählerin und beantworten Sie im Anschluss die Fragen.
In einer kollegialen Beratungsrunde berichtet Lara, 25 Jahre:
„Gestern Abend hatte ich einen sehr herausfordernden Einsatz auf der Station 7, der psychiatrischen Abteilung, wo ich seit drei Monaten arbeite. Es war gegen 19 Uhr, und ich war gerade dabei, die Abendmedikamente zu verteilen. Dabei habe ich bemerkt, dass Herr Müller, ein Patient mit einer schweren Persönlichkeitsstörung, sehr unruhig wirkte. Er ist seit zwei Wochen bei uns und hatte bisher immer wieder aggressive Phasen, aber gestern war es besonders heftig. Er begann, laut zu schreien und schlug mit der Faust gegen die Wand. Die Situation eskalierte schnell, und ich war die einzige Pflegekraft auf der Station zu diesem Zeitpunkt, da meine Kollegin gerade einen anderen Patienten im Bad betreute.
Ich fühlte mich sofort unter Druck und verspürte eine Mischung aus Angst und der Pflicht, die Situation zu kontrollieren. In meinem Kopf kreisten Gedanken darüber, wie ich Herrn Müller beruhigen könnte, ohne dass jemand verletzt wird. Ich habe zuerst versucht, ruhig mit ihm zu sprechen und ihm zu versichern, dass ich da bin, um zu helfen. Leider wurde er nur noch wütender und begann, das Mobiliar zu beschädigen. Mein Herz raste, und ich konnte meine eigene Unsicherheit spüren. Ich dachte darüber nach, den Sicherheitsdienst zu rufen, doch wollte ich zuerst selbst versuchen, die Situation zu entschärfen.
Ich erinnerte mich an ein Deeskalationstraining, das ich vor kurzem besucht hatte, und versuchte, einige der dort gelernten Techniken anzuwenden. Ich bot Herrn Müller einen Beruhigungstee an und stellte ihm in Aussicht, dass wir gemeinsam einen Spaziergang machen könnten, sobald er sich beruhigt hat. Diese Strategie schien ihn kurz zu besänftigen, doch dann kam ein anderer Patient, der ebenfalls aufgebracht war, hinzu und die Situation verschlimmerte sich erneut. Schließlich kam meine Kollegin zurück, und wir konnten gemeinsam Herrn Müller beruhigen, indem wir ihn in ein ruhigeres Zimmer führten und ihm Raum für sich alleine gaben. Diese Hilfe nahm mir einen Teil der Last von den Schultern, aber ich hatte dennoch das Gefühl, dass ich versagt hatte, weil ich die Situation nicht alleine entschärfen konnte.
Nach dem Vorfall habe ich lange darüber nachgedacht, ob ich anders hätte handeln sollen. Ich fühlte mich erschöpft und fragte mich, ob ich wirklich für diese Art von Arbeit geeignet bin. Das Gespräch mit meiner Kollegin später am Abend half mir, ein wenig Klarheit zu gewinnen, aber die Ereignisse beschäftigen mich immer noch sehr. Ich hoffe, in der nächsten Teamsitzung Lösungen zu finden und mich besser auf ähnliche Situationen vorbereiten zu können.“
Versetzen Sie sich in den Fallerzähler / die Fallerzählerin. Welche Schlüsselfragen könnten an die Beratungsrunde gestellt werden?

Strukturhilfe
Jetzt sind Sie dran. Nutzen Sie diese Vorlage (nach Kocks et al., 2012) für eine eigene kollegiale Beratung und eine eigene Situation.
| Titel der Fallskizze | |
| Wo und wann spielt die Situation? Jahreszeit? Klima? Räume? | |
| Wer war an der Situation beteiligt? Welche Informationen sind wichtig? | |
| Wie lautet der Auftrag bzw. die Aufgabe? Was sollte erledigt werden? | |
| Was ist passiert? Was wurde gesagt? (Kurze Darstellung der Ereignisse) | |
| Wie habe ich mich gefühlt? (Notieren Sie in der Ich-Perspektive Gedanken oder Gefühle.) | |
| Gab es Lösungsversuche? | |
| Welche Schlüsselfrage(n) habe ich? |