Wundmanagement in der häuslichen Pflege: Chronische Wunden erkennen und versorgen

Wundmanagement in der häuslichen Pflege: Chronische Wunden erkennen und versorgen

Zielsetzung:

Die Lernenden sollen die Grundlagen des Wundmanagements in der häuslichen Pflege kennenlernen. Das übergeordnete Ziel ist es, ihnen die Fähigkeit zu vermitteln, chronische Wunden zu erkennen, deren Ursachen zu verstehen, fachgerecht zu beurteilen und die Kommunikation mit Angehörigen über die Behandlung zu strukturieren.

Inhalte und Methoden:

Das Arbeitsblatt definiert chronische Wunden und listet deren häufigste Formen auf. Es beginnt mit einem Brainstorming, um das Vorwissen zu aktivieren. Anschließend wird anhand von Bildern das visuelle Erkennen der verschiedenen Wundarten geübt. Der Hauptteil des Arbeitsblattes ist ein "Wundprojekt", in dem die Lernenden in Kleingruppen die Ursachen, Wundheilungsphasen, Dokumentationssysteme und die Kommunikation mit Angehörigen recherchieren und erarbeiten. Ein konkreter Anamnese- und Pflegebogen dient als Grundlage für die Recherche. Die Ergebnisse werden in einer Präsentation und Reflexion im Plenum vorgestellt und diskutiert. Methoden umfassen Brainstorming, Bildzuordnung, Recherche, Kleingruppenarbeit und Präsentation.

Kompetenzen:

  • Fachwissen über die Definition und Arten von chronischen Wunden
  • Analytische Fähigkeiten zur Durchführung eines Wundassessments und zur Dokumentation
  • Recherchekompetenz zur Erarbeitung von Fachwissen
  • Kommunikationsfähigkeit in der Beratung von Angehörigen
  • Kollaboration und Präsentation von Arbeitsergebnissen in der Gruppe
  • Kritisches Denken zur Ableitung von Lösungsstrategien bei Problemverhalten

Zielgruppe und Niveau:

Berufsschule

Hinweis: Für die Erarbeitung einer Aufgabe wird das Internet benötigt.

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Target group and level

Berufsschule

Subjects

Health and Social Care

Wundmanagement in der häuslichen Pflege: Chronische Wunden erkennen und versorgen

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Was sind chronische Wunden eigentlich?

Chronische Wunden sind Wunden, die länger als acht Wochen bestehen. Zu den häufigsten Formen zählen das venöse, arterielle und gemischte Ulcus cruris, der Dekubitus sowie das Diabetische Fußsyndrom. Ein Ulcus cruris venosum entsteht durch venöse Stauung, meist infolge einer Varikosis oder postthrombotischen Insuffizienz.

Aktivieren Sie Ihr Vorwissen: Erstellen Sie eine Mindmap mit allen Aspekten, die Sie zu chronischen Wunden und deren Versorgung kennen. Besprechen Sie Ihre Ergebnisse anschließend im Plenum.

Chronische Wunden und deren Versorgung

MÜSTERLÖSUNG FÜR DIE LEHRKRAFT!!!

Arbeitsauftrag: Verknüpfen Sie den Begriff mit dem passenden Bild.

HINWEIS FÜR DIE LEHRKRAFT!!

Teile den Gruppen verschiedene chronische Wunden zur Bearbeitung aus.

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„Wundprojekt“ in Kleingruppen

Aufgabe 1: Recherchieren Sie - zu Ihrer chronischen Wunde - die möglichen Ursachen der Wundentstehung, die Phasen der Wundheilung, Faktoren zur Förderung der Wundheilung sowie die möglichen Folgen einer falschen Behandlung und der daraus resultierenden Einschränkungen der Lebensqualität.


Aufgabe 2: Recherchieren und erarbeiten Sie, wie man ein Wundassessment durchführt, und lernen Sie verschiedene Dokumentationssysteme und Instrumente kennen, um eine fachgerechte Wundbeschreibung und -beurteilung vorzunehmen.


Aufgabe 3: Identifizieren Sie mögliche Inhalte für ein informierendes Gespräch mit Angehörigen. Entwickeln Sie eine Gesprächsstruktur, um kontraindizierte oder gesundheitsschädigende Versorgungsmaßnahmen anzusprechen und Lösungen anzubieten.

Übersicht: Anamnese- und Pflegebogen – Herr O. mit chronischem Dekubitus

Herr O. leidet an einer chronischen Wunde – konkret einem Dekubitus (Druckgeschwür), welcher besonderer Pflege und Dokumentation bedarf.

Anamnesebogen (ausgefüllt):

Name: Herr O.
Geburtsdatum: 1942
Größe/Gewicht: 178 cm / 80 kg
Behandelnder Arzt: Dr. Meier, Tel. 01234-567890
Verantwortliche Pflegefachkraft: Frau Müller, Tel. 01234-098765

Erstwunde: Nein (Rezidiv: 1)
Wunde besteht seit: 10 Wochen
Entstehungsursache: Immobilität nach Schlaganfall
Wundart: Dekubitus (Kategorie II, Kreuzbeinbereich)
Therapierelevante Diagnosen: Schlaganfall, Diabetes mellitus Typ II
Begleiterkrankungen: Bluthochdruck, leichte Demenz
Medikamente: Metformin, Ramipril, ASS
Allergien: Keine bekannt

Soziales Umfeld: Lebt allein, Tochter wohnt in der Nähe und unterstützt regelmäßig.
Mobilität: Stark eingeschränkt, überwiegend bettlägerig, benötigt Hilfe bei Positionswechseln
Kontinenz: Inkontinenz für Urin, Windeln werden genutzt
Ernährungsstatus: Kachektisch, trinkt und isst wenig, BMI 25
Lebensgewohnheiten: Nichtraucher, kein Alkohol
Psyche: Phasenweise orientiert, gelegentlich ängstlich
Wunddauer: 10 Wochen
Rezidivanzahl: 1
Bisherige Wundtherapie: Schaumverband, regelmäßige Lagerung, antiseptische Spülung
Wundlokalisation: Kreuzbeinbereich
Wundgröße: 5 x 3 cm, Tiefe 1 cm
Wundrand/-umgebung: Leicht gerötet, mazeriert
Wundgeruch: Nein
Exsudation: Mäßig, serös
Schmerzen: Ja, VAS 4/10, stechend bei Verbandswechsel
Wundbeeinträchtigungen: Mobilität, Schlaf, Hygiene eingeschränkt

Pflegebogen (ausgefüllt):

  • Dekubitusrisiko: Sehr hoch (immobil, eingeschränkte Eigenbewegung, Inkontinenz, schlechter Ernährungszustand)
  • Maßnahmen:
    • Regelmäßiger Positionswechsel alle 2 Stunden, Lagerungsplan erstellt
    • Wechseldruckmatratze und Fersenfreilagerung angewendet
    • Hautkontrolle an Prädilektionsstellen täglich
    • Ernährungsscreening und Anpassung der Kost (eiweiß- und vitaminreich)
    • Sorgfältige Hautpflege, Schutz vor Feuchtigkeit
    • Schmerztherapie nach Bedarf
    • Schulung und Beratung der Angehörigen
    • Wunddokumentation mit Foto (Zustimmung liegt vor)
  • Ziel: Förderung der Wundheilung, Vermeidung von Komplikationen, Erhalt der Lebensqualität

Herr O. wird regelmäßig von der Pflegekraft und dem Hausarzt visitiert, um die Therapie individuell anzupassen.

Hier finden Sie Platz für Ihre Recherche.

Hier finden Sie Platz für Ihre Ausarbeitungen der Gesprächsstruktur.

Musterlösung: Wundprojekt Dekubitus bei Herrn O.


Aufgabe 1: Ursachen, Wundheilungsphasen, fördernde Faktoren, Folgen falscher Behandlung und Einschränkungen der Lebensqualität

1. Mögliche Ursachen der Dekubitusentstehung bei Herrn O.:

  • Immobilität (z. B. Bettlägerigkeit, eingeschränkte Aktivität)
  • Störungen der Durchblutung (z. B. altersbedingte Gefäßveränderungen, Diabetes mellitus)
  • Sensibilitätsstörungen (z. B. neurologische Erkrankungen)
  • Feuchte Haut (z. B. Inkontinenz)
  • Schlechter Ernährungszustand, Mangel an Eiweiß und Vitaminen
  • Nutzung von Sonden, Kathetern, Pflastern oder anderen Hilfsmitteln, die Druckstellen begünstigen
  • Umgebungsfaktoren wie knittrige Bettlaken, harte Matratzen, im Bett vergessene Gegenstände

2. Phasen der Wundheilung:

  • Exsudationsphase (Reinigungsphase): Blutung, Reinigung, Abwehr von Keimen, Abbau von abgestorbenem Gewebe
  • Proliferationsphase (Granulationsphase): Neubildung von Gewebe, Gefäßneubildung, Bildung von Granulationsgewebe
  • Reparationsphase (Epithelisierungsphase): Wundverschluss durch neue Hautzellen, Narbenbildung

3. Faktoren zur Förderung der Wundheilung:

  • Konsequente Druckentlastung (individuelle Positionierungsintervalle, Spezialmatratzen, Fersenfreilagerung)
  • Mobilitätsförderung, ggf. mit Unterstützung oder Hilfsmitteln
  • Optimale Ernährung (ausreichende Zufuhr von Eiweiß, Vitaminen, Flüssigkeit)
  • Hautpflege und Schutz vor Feuchtigkeit
  • Schmerzmanagement und Sicherstellung der Adhärenz an den Therapieplan
  • Aufklärung und Einbeziehung von Herrn O. und Angehörigen

4. Folgen falscher Behandlung und Einschränkungen der Lebensqualität:

  • Chronifizierung der Wunde, Ausbreitung auf andere Körperstellen
  • Schmerzen, Infektionen, Geruchs- und Exsudatprobleme
  • Verlust von Selbstständigkeit, zunehmende Pflegeabhängigkeit
  • Angst, Frustration, soziale Isolation, Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben
  • Gefahr von systemischen Komplikationen (Sepsis, Amputation)
  • Schlafstörungen, Depression

Aufgabe 2: Durchführung Wundassessment, Dokumentationssysteme und Instrumente

1. Wundassessment bei Herrn O.:

  • Erfassung der allgemeinen Patient:innendaten und der Wundvorgeschichte
  • Inspektion und Beschreibung der Wunde nach EPUAP-Kategorien:
    • Lokalisation und Größe (Länge, Breite, Tiefe, Taschen/Unterminierungen)
    • Wundrand (mazeriert, gerötet, nekrotisch, ödematös)
    • Wundgrund (Nekrosen, Fibrin, Granulation)
    • Exsudatmenge, -farbe, -konsistenz, Geruch
    • Schmerz (z. B. mittels visueller Analogskala)
    • Entzündungszeichen (Rötung, Überwärmung, Schwellung, Funktionseinschränkung)
    • Rezidivanzahl, Wunddauer

2. Dokumentationssysteme und Instrumente:

  • Standardisierte Wundanamnesebögen und Pflegebögen
  • Fotodokumentation (mit Einwilligung)
  • Wunddokumentationsbögen (z. B. nach Expertenstandard DNQP)
  • Instrumente zur Selbsteinschätzung der Lebensqualität (z. B. Wound-QoL)
  • Uhrmethode zur Dokumentation von Taschen/Unterminierungen
  • Planimetrie oder Tracing zur Flächenbestimmung

3. Ablauf eines Wundassessments:

  • Initiale Erhebung bei Aufnahme und nach definierten Zeitabständen oder bei Veränderungen
  • Dokumentation aller relevanten Beobachtungen und Maßnahmen bei jedem Verbandwechsel
  • Vollständige Neubewertung spätestens nach vier Wochen oder bei Änderung des Wundzustands
  • Einbeziehung der Patient:in in die Beobachtung und Einschätzung (Selbstmanagement fördern)

Aufgabe 3: Inhalte und Struktur eines Angehörigengesprächs

1. Mögliche Inhalte für ein informierendes Gespräch:

  • Aufklärung über die Entstehung, die Risikofaktoren und die mögliche Entwicklung eines Dekubitus
  • Bedeutung der Druckentlastung und Mobilitätsförderung im Alltag
  • Hinweise auf die richtige Lagerung und Hilfsmittel
  • Ernährung und Flüssigkeitszufuhr als wichtige Faktoren
  • Hygienemaßnahmen und korrekte Körperpflege
  • Umgang mit Schmerzen und die Bedeutung der Schmerztherapie
  • Warnzeichen für eine Verschlechterung der Wundsituation
  • Auswirkungen falscher Maßnahmen (z. B. zu seltene Lagerungswechsel, falsche Verbandmaterialien)
  • Betonung der Rolle der Angehörigen in der Unterstützung und Motivation

2. Gesprächsstruktur zur Ansprache kontraindizierter oder gesundheitsschädigender Maßnahmen:

  • Gesprächseinstieg: Wertschätzung ausdrücken, aktuelle Situation schildern
  • Information: Sachlich erklären, welche Maßnahmen ungeeignet oder schädlich sind (z. B. unzureichende Druckentlastung, falsche Verbandwechsel, ungeeignete Hilfsmittel)
  • Folgen: Mögliche Konsequenzen für die Gesundheit und Lebensqualität aufzeigen
  • Alternativen: Geeignete Maßnahmen und Lösungen anbieten (z. B. individuelle Lagerungspläne, spezielle Matratzen, Schulung der Angehörigen)
  • Einbindung: Angehörige zur Mitarbeit motivieren, Raum für Fragen und Sorgen lassen
  • Abschluss: Zusammenfassen, Vereinbarungen treffen, nächste Schritte planen

3. Tipps zur Gesprächsführung:

  • Aktives Zuhören und empathisches Nachfragen
  • Klare und verständliche Sprache verwenden
  • Auf Ängste und Unsicherheiten eingehen
  • Lösungen gemeinsam entwickeln und dokumentieren
  • Rückmeldung und Feedback regelmäßig einholen

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Abschluss und Reflexion

Präsentation: Jede Gruppe präsentiert ihre Ergebnisse kurz im Plenum. Die anderen Lernenden vergleichen und ergänzen die Ausarbeitungen.

Reflexion: Reflektieren Sie, wie Sie in einer ähnlichen Situation in der Praxis handeln würden. Der Fokus liegt darauf, die Perspektive von Angehörigen oder Betreuungspersonen zu verstehen und vermittelnde Kommunikationsstrategien zu entwickeln. Ziel ist es, Hypothesen für die Gründe problematischer Verhaltensweisen zu bilden und daraus Lösungswege abzuleiten.