Rechtliche und ethische Aspekte der Selbstbestimmung von Patient:innen

Rechtliche und ethische Aspekte der Selbstbestimmung von Patient:innen

Zielsetzung: Das Arbeitsblatt zielt darauf ab, den Lernenden die rechtlichen und ethischen Aspekte der

Selbstbestimmung von Patient:innen in Deutschland zu vermitteln. Es soll sie befähigen, die rechtlichen Grundlagen und Instrumente zu verstehen und Verstöße gegen die Patientenrechte zu erkennen.


Inhalte und Methoden: Ein Text erklärt die rechtlichen Grundlagen der Selbstbestimmung, die im Grundgesetz verankert sind. Es werden wichtige Instrumente wie die Patientenverfügung, die Vorsorgevollmacht und das Betreuungsrecht vorgestellt. Methodisch umfasst das Arbeitsblatt eine Zuordnungsübung von Begriffen und Erklärungen. Eine Fallanalyse fordert die Lernenden auf, die Verletzung der Menschenwürde zu erkennen und alternative, respektvollere Verhaltensweisen zu entwickeln. Abschließende Reflexionsfragen regen zur Diskussion über die Einwilligung und die Zulässigkeit von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen an.


Kompetenzen:

  • Rechtliches und ethisches Verständnis: Die Lernenden erfassen die gesetzlichen Grundlagen und die ethische Bedeutung der Patientenautonomie.
  • Kritische Analyse: Die Fähigkeit, in konkreten Situationen Verstöße gegen Patientenrechte zu identifizieren.
  • Problemlösung: Entwicklung von Alternativen, die die Selbstbestimmung der Patient:innen wahren.


Zielgruppe und Niveau: Schüler:innen und Auszubildende in medizinischen oder pflegerischen Berufen

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Target group and level

Schüler:innen und Auszubildende in medizinischen oder pflegerischen Berufen

Subjects

PedagogyHealth and Social CarePsychologyEthics

Rechtliche und ethische Aspekte der Selbstbestimmung von Patient:innen

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Selbstbestimmung im medizinischen Kontext: Rechtliche Grundlagen und Instrumente

Das Prinzip der Selbstbestimmung ist im medizinischen Kontext ein zentrales Grundrecht und wird in Deutschland durch verschiedene gesetzliche Regelungen geschützt. Das Grundgesetz (GG) garantiert in Artikel 1 die Unantastbarkeit der Menschenwürde und in Artikel 2 das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Daraus leitet sich ab, dass Patient:innen grundsätzlich selbst über medizinische Maßnahmen entscheiden dürfen, sofern sie einwilligungsfähig sind. Medizinische Eingriffe dürfen nach § 223 Strafgesetzbuch (StGB) nur mit ausdrücklicher oder mutmaßlicher Einwilligung erfolgen, andernfalls liegt eine strafbare Körperverletzung vor.

Ein bedeutendes Instrument zur Wahrung der Selbstbestimmung ist die Patientenverfügung. Nach § 1901a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann jede volljährige Person im Voraus schriftlich festlegen, ob und wie sie in bestimmten medizinischen Situationen behandelt werden möchte. Die Patientenverfügung ist für Ärzt:innen und Pflegekräfte bindend; eine Missachtung kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die regelmäßige Aktualisierung der Unterschrift wird empfohlen, eine notarielle Beglaubigung ist jedoch nicht erforderlich.

Ergänzend kann eine Vorsorgevollmacht erstellt werden, gemäß der eine Vertrauensperson berechtigt wird, im Fall einer Entscheidungsunfähigkeit sofort und ohne gerichtliche Bestellung für die betroffene Person zu handeln. Die Vollmacht kann sich auf verschiedene Lebensbereiche, etwa Gesundheit oder Vermögen, erstrecken und schützt den freien Willen, wenn die Person ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann. Hierbei sollte geprüft werden, ob eine Vorsorgevollmacht oder eine Patientenverfügung vorliegt.

Wenn keine Vorsorgevollmacht besteht und eine Person nicht mehr eigenständig entscheiden kann, greift das Betreuungsrecht (§ 1896 BGB). Das zuständige Betreuungsgericht bestellt dann eine:n Betreuer:in, der/die im Sinne und zum Wohle der betreuten Person über Angelegenheiten wie Aufenthaltsort, Gesundheitsfragen oder Vermögen entscheidet. Auch hier gilt, dass der Wunsch der betreuten Person stets Vorrang hat, solange sie entscheidungsfähig ist.

Diese rechtlichen Grundlagen gewährleisten, dass die Selbstbestimmung von Patient:innen respektiert wird. Wissenschaftlich fundierte Quellen und aktuelle Gesetzestexte bestätigen die hohe Bedeutung dieser Instrumente in der medizinischen Praxis.

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Arbeitsauftrag

Lesen Sie den Informationstext und bearbeiten Sie die folgenden Aufgaben.

Nennen Sie zwei rechtliche Grundlagen, die das Selbstbestimmungsrecht von Patient:innen wiedergeben.

Verbinden Sie jeweils einen Begriff mit der dazugehörigen Erklärung.

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Fallanalyse

Lesen Sie die folgenden 2 Situationen und füllen Sie die Tabelle mit den folgenden Punkten aus:

  • Formulieren Sie passende Überschriften zu den Situationen.
  • Analysieren Sie, welche Rechtlichen und ethischen Aspekte der Selbstbestimmung verletzt werden.
  • Überlegen Sie, welche Alternativen Ihnen in Bezug auf das Verhalten einfallen.

Situation 1

In einer Jugendpsychiatrie lebt eine 19-jährige Patientin mit einer chronischen rheumatischen Erkrankung, die regelmäßig Schmerzmedikamente benötigt. Aufgrund eines akuten Schubes fordert sie ein zusätzliches Schmerzmittel an, das ihr behandelnder Arzt ihr jedoch ohne ausführliche Begründung verweigert. Die Pflegekräfte setzen daraufhin eine Spritze mit einem anderen, nicht von der Patientin gewünschten Medikament, gegen ihren ausdrücklichen Willen. Trotz des Protests der Patientin wird der Eingriff durchgeführt. Die Patientin hatte zuvor eine Patientenverfügung hinterlegt, in der sie festgelegt hat, welche Medikamente sie in bestimmten Situationen ablehnt. Die Pflegekräfte ignorieren die Verfügung und führen die Maßnahme trotzdem aus. Die Entscheidung wird weder mit der Patientin noch mit einer benannten Vertrauensperson abgestimmt.

Situation 2

In einer spezialisierten Pflegeeinrichtung für junge Erwachsene wird einer 22-jährigen Patientin mit einer chronischen neurologischen Erkrankung der Wunsch verwehrt, am Wochenende ihre Familie zu besuchen. Ohne ihre Zustimmung wird entschieden, dass sie das Haus nicht verlassen darf, da angeblich keine geeignete Betreuungsperson zur Verfügung steht. Zusätzlich verfügt die Patientin über ein eigenes Konto mit Ersparnissen, auf das sie keinen Zugriff erhält, da die Einrichtungsleitung Zweifel an ihrer Geschäftsfähigkeit äußert. Die Patientin hatte zuvor keine Vorsorgevollmacht ausgestellt, und das Betreuungsgericht wurde nicht eingeschaltet. Die Entscheidung über ihren Aufenthaltsort und ihr Vermögen wird ausschließlich von der Einrichtung getroffen, ohne ihre Einwilligung oder die Einbindung einer gesetzlichen Betreuung.

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Arbeitsauftrag

Nutzen Sie alle Informationen aus dem Arbeitsblatt und beantworten Sie die folgenden beiden Fragen.