Warnsignale bei häuslicher Gewalt

Warnsignale bei häuslicher Gewalt

Zielsetzung: Das Arbeitsblatt zielt darauf ab, Lernende für Warnsignale häuslicher Gewalt zu sensibilisieren, ihnen die Dynamik dahinter zu vermitteln und ihnen Handlungsstrategien zur Prävention und Hilfe an die Hand zu geben.


Inhalte und Methoden: Das Arbeitsblatt beschreibt körperliche (z. B. unerklärte Verletzungen), emotionale (z. B. sozialer Rückzug) und verhaltensbezogene (z. B. plötzliche Veränderungen) Anzeichen von häuslicher Gewalt. Es beleuchtet auch die Rolle von Abhängigkeit und die psychischen Folgen. Es enthält Anleitungen für den Notfall. Methoden sind das Anhören von Audio-Situationen, die Analyse eines Sachtextes und kreative Aufgaben wie das Erstellen eines Plakats oder die Teilnahme am "Rettungsnetz-Spiel", das symbolisch ein Unterstützungsnetzwerk aufbaut.


Kompetenzen:

  • Erkennung von Warnsignalen: Identifizierung subtiler und offensichtlicher Zeichen häuslicher Gewalt
  • Empathie und emotionale Intelligenz: Reflexion eigener Gefühle und Verständnis für die Situation von Betroffenen
  • Prävention und Problemlösung: Entwicklung von Handlungsstrategien zur Unterstützung von Gewaltbetroffenen


  • Zielgruppe und Niveau: Das Arbeitsblatt richtet sich an ein breites Publikum, das im sozialen oder beruflichen Umfeld mit häuslicher Gewalt konfrontiert sein könnte, wie Pflegekräfte, Sozialarbeiter:innen oder Lehrkräfte.

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Target group and level

Pflegekräfte, Sozialarbeiter:innen oder Lehrkräfte

Subjects

PedagogyHealth and Social Care

Warnsignale bei häuslicher Gewalt

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Hören Sie sich die Situation an und beantworten Sie die Fragen.

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Hören Sie sich die drei Audio-Dateien an und beschreiben Sie, wie Sie sich fühlen.

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Welche Gefühle haben Sie beim Zuhören wahrgenommen?

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Lesen Sie sich den Informationstext durch und beantworten Sie die Frage.

Warnsignale körperlicher Gewalt im Kontext häuslicher Gewalt

Körperliche Gewalt im häuslichen Umfeld ist eine besonders schwerwiegende und direkt erkennbare Form der Misshandlung, die sich durch gezielte Handlungen manifestiert, bei denen einer Person durch eine andere physische Verletzungen zugefügt werden. Typische Warnsignale für körperliche Gewalt sind sichtbare Verletzungen wie Hämatome, Kratzer, Biss- oder Verbrennungsspuren, deren Ursprung von der betroffenen Person oft ausweichend oder widersprüchlich erklärt wird. Besonders auffällig sind Verletzungen an ungewöhnlichen Körperstellen oder geformte Verletzungen, etwa Handabdrücke oder Bissmarken, sowie wiederholt auftretende medizinisch behandlungsbedürftige Blessuren.

In einer häuslichen Beziehung, in der körperliche Gewalt vorkommt, zeigen sich bei der betroffenen Person häufig deutliche Anzeichen von Angst und Unsicherheit in der Gegenwart der gewaltausübenden Person. Dies äußert sich durch eine angespannte Körperhaltung, ausweichenden Blickkontakt und eine ausgeprägte Zurückhaltung, Wünsche oder Bedürfnisse zu äußern. Die gewaltausübende Person nutzt ihre körperliche Überlegenheit gezielt, um Macht und Kontrolle auszuüben. Sie droht offen oder unterschwellig mit weiteren Übergriffen, setzt Zwang ein oder schränkt die Bewegungsfreiheit der betroffenen Person durch Festhalten, Wegsperren oder das Verhindern von Fluchtmöglichkeiten ein.

Ein weiteres zentrales Warnsignal ist der soziale Rückzug der betroffenen Person. Sie meidet zunehmend Kontakte zu Freund:innen oder Familie, erscheint häufig krankgeschrieben oder fehlt bei der Arbeit, um sichtbare Verletzungen zu verbergen. Plötzliche Stimmungsschwankungen, erhöhte Schreckhaftigkeit sowie eine übermäßige Vorsicht gegenüber der gewaltausübenden Person sind ebenfalls Hinweise auf körperliche Gewalt. Die betroffene Person entwickelt oftmals ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten und versucht, Konfliktsituationen um jeden Preis zu umgehen.

Die gewaltausübende Person kontrolliert oftmals das alltägliche Leben der betroffenen Person, bestimmt über deren Aufenthaltsort und kann auch medizinische Versorgung verhindern oder verzögern, um Spuren der Gewalt zu verbergen. Solche Muster führen zu einer massiven Einschränkung der Selbstbestimmung und verstärken das Gefühl von Ohnmacht und Hilflosigkeit aufseiten der betroffenen Person. Das frühzeitige Erkennen dieser spezifischen Warnsignale ist essenziell, um die Sicherheit und das Wohlergehen der betroffenen Person zu gewährleisten.

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Lesen Sie nun eine weitere Situation der betroffenen Person und beantworten Sie die Fragen.

Einführung / Szene:

Später Abend. In der kleinen Wohnung hängt schwere Luft. Auf dem Tisch stehen ungeöffnete Briefe, das Licht flackert. Beide schweigen – noch. Die Uhr tickt unerbittlich, ein Geräusch, das die Stille durchdringt. Anna steht am Herd, ihre Gesten mechanisch, ohne Freude. Jens sitzt am Tisch, seine Augen ein kalter, starrer Blick.

Dialog:

Jens: (mit einem scharfen Ton) Warum ist das Essen noch nicht fertig? Du weißt, dass ich es hasse, zu warten, Anna.

Anna: (leise, fast flehend) Es tut mir leid, Jens. Ich habe mein Bestes gegeben, aber es war viel los heute…

Ein Stuhl kratzt über den Boden, als Jens abrupt aufsteht. Er schlägt mit der Faust auf den Tisch, das Geschirr klirrt.

Jens: (laut) Viel los? Du arbeitest doch nur Teilzeit! Was machst du den ganzen Tag, außer hier rumzuhängen?

Anna: (ängstlich, beschwichtigend) Ich… ich habe heute länger bleiben müssen. Eine Kollegin war krank, und ich wollte helfen…

Die Hände zittern, doch sie sagt nichts. Eine lange Pause – dann ein scharfes Einatmen.

Jens: (mit Verachtung) Immer hast du Entschuldigungen. Immer bist du die Gute, die Helferin. Aber hier, hier versagst du!

Anna: (zögernd, verzweifelt) Ich versuche wirklich, alles richtig zu machen, Jens. Ich möchte, dass du zufrieden bist.

Ein leises Knacken, als Jens die Finger knackt. Er geht auf sie zu, die Spannung in der Luft greifbar.

Jens: (drohend) Zufrieden? Du weißt nicht, was Zufriedenheit bedeutet. Du weißt nicht, was es heißt, sich um jemanden zu kümmern.

Anna: (flüsternd, fast unhörbar) Ich gebe mir Mühe… ich will keine Probleme machen…

Sie will etwas sagen, doch die Worte bleiben stecken. Jens greift plötzlich nach ihrem Arm, sein Griff fest und besitzergreifend.

Jens: (schreiend) Probleme? Du bist das Problem, Anna! Du bist schwach, unfähig, und du ziehst mich mit runter!

Anna: (mit Tränen in den Augen, unterdrückt) Bitte, Jens… ich werde es besser machen. Ich verspreche es…

Eine lange Pause. Jens lässt sie los, doch die Gewalt in seinem Blick bleibt. Anna steht da, zitternd, gefangen in ihrer eigenen Haut.

Jens: (mit kühler Stimme) Du hast keine Ahnung, wie sehr du mich enttäuschst. Vielleicht solltest du überlegen, ob du überhaupt hier sein solltest.

Das Ende bleibt offen. Die Spannung hängt im Raum, unaufgelöst, wie ein ständiger Begleiter. Anna steht da, unfähig zu fliehen, ihre Hoffnung auf Veränderung ein stiller Kampf.

Formulieren Sie einen Mutmach-Satz, den Betroffene immer wieder lesen könnten, um Kraft zu finden.

Gestalten Sie ein Informationsplakat für Jugendliche, das über Warnsignale häuslicher Gewalt aufklärt und Anlaufstellen zeigt. Achten Sie darauf, dass es klar, verständlich und ermutigend wirkt.

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Was ist zu tun im Notfall?

Wenn Sie selbst oder jemand in Ihrem Umfeld von häuslicher Gewalt betroffen ist, holen Sie sich sofort Hilfe. Wählen Sie im akuten Notfall 110 und rufen Sie die Polizei. Sie können sich auch anonym und kostenlos an das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ (08000 116 016) oder an andere Beratungsstellen wenden, rund um die Uhr und in vielen Sprachen.

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Zusatzspiel: Rettungsnetz-Spiel

Material

  • Wollknäuel oder feste Schnur (alternativ: breites Band)
  • Karten oder Zettel mit Begriffen wie:
  • Vertrauen
  • Schutz
  • Gesprächsführung
  • Frauenhaus / Beratungsstellen
  • Freunde / Angehörige
  • Pflegekraft
  • (Je nach Gruppengröße können auch weitere Begriffe ergänzt werden.)
  • Platz im Raum (Stuhlkreis oder freie Fläche).

Ablauf

1. Einführung

Die Lehrkraft erklärt die Übung: „Eine betroffene Person häuslicher Gewalt kann sich nur schwer allein befreien. Es braucht ein stabiles Rettungsnetz aus verschiedenen Unterstützungsangeboten. Wir wollen jetzt gemeinsam dieses Netz sichtbar machen.“

Eine Person aus der Gruppe übernimmt die Rolle der betroffenen Person und stellt sich in die Mitte.


2. Netz knüpfen

  • Jede:r Lernende bekommt eine Karte mit einem Unterstützungsfaktor oder einer Institution.
  • Der/die erste Teilnehmer:in (z. B. Pflegekraft) bekommt das Wollknäuel, stellt sich kurz vor:„Ich bin die Pflegekraft. Ich kann helfen, indem ich aufmerksam beobachte und dokumentiere.“
  • Danach hält er/sie das Ende der Wolle fest und wirft das Knäuel zur nächsten Person mit einer anderen Rolle (z. B. Sozialdienst).
  • Diese Person ergänzt: „Ich bin der Sozialdienst. Ich kann Hilfsangebote vermitteln.“
  • Der Faden wird weitergeworfen – so entsteht Stück für Stück ein Netz um die betroffene Person.


3. Sichtbarmachen der Stabilität

  • Die Lehrkraft bittet die betroffene Person in der Mitte, sich leicht nach hinten zu lehnen oder vorsichtig Druck auf das Netz auszuüben.
  • Die Gruppe spürt: Je mehr Fäden beteiligt sind, desto stabiler ist das Netz.
  • Die Lehrkraft kommentiert: „Wenn eine Ressource fehlt, hängt die betroffene Person stärker in der Luft. Nur durch ein starkes Netz entsteht Sicherheit.“