Personenzentrierte Beziehungsgestaltung in der Demenzpflege - Maligne und Benigne

Personenzentrierte Beziehungsgestaltung in der Demenzpflege - Maligne und Benigne

Zielsetzung:

Die Lernenden sollen ein Bewusstsein für die Unterscheidung zwischen "malignen" (schädigenden) und "benignen" (förderlichen) Interaktionen in der Demenzpflege entwickeln. Ziel ist es, die Fähigkeit zu schulen, das eigene Pflegeverhalten kritisch zu reflektieren, es am personenzentrierten Ansatz nach Tom Kitwood auszurichten und so die Lebensqualität von Menschen mit Demenz nachhaltig zu verbessern.

Inhalte und Methoden:

Das Arbeitsblatt thematisiert die Qualität von Beziehungen in der Demenzpflege und führt die Begriffe "benigne" und "maligne" Interaktionen nach Tom Kitwood ein. Ein Rollenspiel zu zwei Standbildern zu benignen und malignen Interaktionen dient als Grundlage. Das SASB-Modell (Structural Analysis of Social Behavior) wird als Werkzeug zur Reflexion des eigenen Verhaltens vorgestellt. In Gruppenarbeit entwickeln die Lernenden Standbilder, die maligne und benigne Haltungen darstellen. Sie analysieren das Fallbeispiel, indem sie sowohl schädigende als auch förderliche Interaktionsansätze entwickeln und deren Auswirkungen auf die Gefühlswelt des Patienten / der Patientin reflektieren. Eine Diskussion im Plenum vertieft das Gelernte. Methoden umfassen Textanalyse, Gruppenarbeit, Rollenspiele, Standbilder, Reflexion und Multiple-Choice-Fragen.

Kompetenzen:

  • Unterscheiden und Klassifizieren von Interaktionen als benigne oder maligne
  • Analytisches Denken zur Reflexion des eigenen Verhaltens
  • Anwenden von Theorien (Kitwood, SASB-Modell) auf praktische Pflegesituationen
  • Entwickeln von Empathie und Rollenübernahme
  • Kollaborieren und Diskutieren in der Gruppe
  • Problemlösungskompetenz in komplexen Interaktionssituationen

Zielgruppe und Niveau:

Berufsschule

Hinweis:

Baut auf diesem Arbeitsblatt auf: Beziehungsgestaltung in der Demenzpflege

BA
CD
DG
EJ

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Target group and level

Berufsschule

Subjects

Health and Social Care

Personenzentrierte Beziehungsgestaltung in der Demenzpflege - Maligne und Benigne

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Beziehungsqualität in der Demenzpflege: Benigne vs. maligne Interaktionen

In der Pflege von Menschen mit Demenz spielt die Art und Weise, wie Beziehungen gestaltet werden, eine zentrale Rolle. Die personenzentrierte Haltung nach Tom Kitwood stellt den einzelnen Menschen mit seiner Biografie, seinen Gefühlen und Bedürfnissen in den Mittelpunkt - unabhängig vom Ausmaß der kognitiven Beeinträchtigungen. Dabei wird unterschieden zwischen benignen (förderlichen) und malignen (schädigenden) Interaktionen. Benigne Interaktionen stärken Identität, Selbstwert und das Gefühl von Sicherheit. Maligne Interaktionen hingegen - oft unbewusst - können das Erleben von Würde und Autonomie beeinträchtigen.

Ein bewusster, achtsamer Umgang im Pflegealltag hilft, Beziehungen so zu gestalten, dass sie dem Menschen mit Demenz Halt, Respekt und echte Teilhabe ermöglichen.

Hinweis: In diesem Arbeitsblatt wird "Mensch mit Demenz" immer mit "MmD" abgekürzt.

Das Bild zeigt zwei stilisierte Personen, die miteinander interagieren. Eine ältere Person mit langen, hellen Haaren steht links, hält einen Gehstock und trägt eine Brille, ein hellblaues Oberteil und einen gelben Rock. Sie scheint mit der rechten Hand zu gestikulieren. Die andere, jüngere Person sitzt rechts auf einem blauen Stuhl. Diese Person hat dunkle, lange Haare, trägt ein gelbes Oberteil und einen rosa Latzrock. Sie lächelt und schaut zur älteren Person hinüber. Im Hintergrund sind Pflanzen und ein großes Fenster zu sehen. Die Farben sind weich und pastellartig gehalten.
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Rollenspiel „Haltungen“

👥 Arbeitsauftrag Gruppenarbeit: Bilden Sie kleine Gruppen. Suchen Sie sich zwei gegensätzliche Stichworte aus, die eine Interaktionssituation beschreiben (z. B. "Ich muss Sie jetzt wickeln." vs. "Lassen Sie Sie uns zusammen in Ruhe fertig machen."). Sie sollen dazu zwei Standbilder (Körperhaltungen) entwickeln. Eines, das eine kontrollierende/maligne Haltung ausdrückt, und eines, das eine unterstützende/benigne Haltung zeigt. Seien Sie mit den Situationen kreativ und vielfältig! Stellen Sie anschließend Ihre Standbilder vor und erläutern Sie Ihre Überlegungen dazu.

✒️ Hier finden Sie Platz für Ihre Überlegungen.

HINWEIS FÜR DIE LEHRKRAFT!!!

Reflexion - Kurze Fragerunde nach jeder Präsentation:

  • Welche Gefühle löst dieses Bild bei Ihnen aus?
  • Welche Sätze könnten dazugehören?
  • Welches Standbild fühlt sich für Sie „richtiger“ an?

📋 Arbeitsauftrag: Lesen Sie den folgenden Text aufmerksam.

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Das SASB-Modell (Structural Analysis of Social Behavior) und seine Bedeutung für die Arbeit mit Demenzpatient:innen

Das SASB-Modell (Structural Analysis of Social Behavior) ist ein psychologisches Modell, das von Lorna Smith Benjamin entwickelt wurde. Es dient der Analyse und Beschreibung zwischenmenschlicher Interaktionen und Beziehungen. Das Modell basiert auf der Annahme, dass menschliches Verhalten – besonders im sozialen Kontext – strukturiert und systematisch analysierbar ist. Es differenziert verschiedene Aspekte des Verhaltens in Bezug auf sich selbst und andere und ordnet diese auf einem sogenannten „Interpersonal Circumplex“ an, der Dimensionen wie Freundlichkeit vs. Feindseligkeit und Kontrolle vs. Unterwerfung abbildet.

Kern des SASB-Modells ist die Betrachtung von drei Ebenen: dem Verhalten gegenüber anderen, dem Verhalten gegenüber sich selbst und der Introjektion – also wie äußere Beziehungsmuster innerlich übernommen werden. Diese differenzierte Perspektive macht Beziehungsmuster sichtbar, die in der therapeutischen Arbeit genutzt werden können. Gerade im Umgang mit Demenzpatient:innen ist das Modell besonders relevant. Menschen mit Demenz erleben oft starke Veränderungen in Erleben und Verhalten, vor allem in sozialen Situationen. Sie sind auf eine verständnisvolle, wertschätzende und strukturierte Beziehungsgestaltung angewiesen. Das SASB-Modell bietet Pflegenden und Therapeut:innen eine fundierte Grundlage, um Interaktionen bewusst zu gestalten und herausforderndes Verhalten besser zu verstehen. Indem Pflegefachpersonen das Verhalten der Patient:innen analysieren und die eigene Reaktion reflektieren, können sie gezielt auf Bedürfnisse und Emotionen eingehen. Gerade nonverbale Kommunikation, Wertschätzung und das Eingehen auf biografische Hintergründe gewinnen an Bedeutung, da kognitive Fähigkeiten abnehmen, emotionale Resonanz jedoch oft erhalten bleibt. Das Modell hilft, Beziehungsmuster zu erkennen, die Sicherheit, Orientierung und Wohlbefinden fördern. Insgesamt unterstützt das SASB-Modell Pflege- und Betreuungspersonen dabei, die eigene Haltung und das Interaktionsverhalten zu reflektieren, Kommunikationsprobleme zu vermeiden und so die Lebensqualität von Menschen mit Demenz nachhaltig zu verbessern.

Beantworten Sie die Fragen korrekt.

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Analyse des Fallbeispiels

👥 Arbeitsauftrag Gruppenarbeit: Kehren Sie in die Gruppen zurück und analysieren Sie das Fallbeispiel.

Jede Gruppe entwickelt zwei mögliche Interaktionen mit der beschriebenen Person:

  • Eine maligne (z. B. MmD möchte nicht gehen und bleibt plötzlich stehen: also, ihn festhalten und zum Gehen zwingen).
  • Eine benigne (z. B. fragen, warum er nicht gehen möchte, eine Alternative vorschlagen).

Sie sollen dabei die kognitive Triade in Ihrer Analyse berücksichtigen:

  • Welches Gefühl (z. B. Wut, Angst) könnte bei dem MmD entstehen?
  • Welches Selbstbild ("Ich bin nicht mehr selbstbestimmt.")?
  • Welche Zukunftsperspektive ("Das wird immer so sein.")?

Herr Müller und der Flur

Herr Müller steht im Flur des Pflegeheims und zeigt keine Anzeichen, in den Speisesaal gehen zu wollen. Sein Blick ist auf den langen, hell erleuchteten Flur gerichtet, während andere Bewohner an ihm vorbeigehen. Der Speisesaal, in dem das Abendessen serviert wird, ist nur wenige Schritte entfernt, doch Herr Müller bleibt stehen, ohne sich in Richtung der geöffneten Tür zu bewegen. Die Geräusche aus dem Speisesaal dringen gedämpft zu ihm herüber, das Klappern von Geschirr und das Murmeln der Gespräche der anderen Bewohner. Herr Müller scheint die Umgebung des Flurs genau zu betrachten, während die Pflegekräfte und andere Bewohner ihm freundlich zunicken. Die Zeit vergeht, und der Flur wird allmählich ruhiger, als die meisten Menschen den Speisesaal betreten haben. Herr Müller bleibt weiterhin dort stehen, ohne eine Veränderung seiner Position oder seines Blickes zu zeigen.

✒️ Interaktion maligne Situation

✒️ Interaktion benigne Situation

✒️ Kognitive Triade

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Reflexion im Plenum

📋 Arbeitsauftrag: Stellen Sie Ihre Ergebnisse vor. Diskutieren Sie die Unterschiede zwischen den beiden Interaktionen und wie sie sich auf die Gefühlswelt des MmD auswirken. Reflektieren Sie anschließend gemeinsam im Plenum:

  • "Welche Situation mit dem MmD würde bei Ihnen persönlich Abwehrgefühle auslösen (z. B. weil Sie unter Zeitdruck stehen)?"
  • "Wie könnte sich in einer solchen Situation Ihre Haltung ändern, um eine benigne Interaktion zu ermöglichen?"

✒️ Hier finden Sie Platz für eventuelle Notizen oder Anmerkungen.